Die bretonische Küste, der mal raue, mal sanfte Atlantik, unzählige Inseln, die Klippen, Watt und Sandstrände – das ist Armor, Land am Meer. Mit 144 Minuten Laufzeit breitet das Album »Ar Mor« ein weites akustisches Panorama aus. Es sind Klänge des Finistère, ganz im Westen der Bretagne gelegen, wo der Blick sich in der Weite des Atlantiks verliert und die Ohren im Brausen der Wellen baden.
Man sieht die Schaumkronen, riecht das Meer und bekommt Sehnsucht!
Ein Fan des Sonofolie-Soundscapes »Ar Mor«
Anse de Pouldohan
Zwischen Concarneau und Pont-Aven an der bretonischen Südküste leckt der Atlantik in einem weit verzweigten Ästuar namens »Anse de Pouldohan« ins Land. Von einem steinigen Strand am Ausgang der Bucht stammen die Klänge der Brandung, die in den ersten 52 Minuten von »Ar Mor« zu hören sind.
Anse de Pouldohan. Foto: Doro Witte
»Wir waren schon früh am Morgen vor Ort. Die Ebbe ließ den Atlantik sehr sanft ans Land rollen.« Das ist ideal für eine Aufnahmesession, bei der das Mikrofon nah am Wasser platziert sein soll, um auch noch die leisesten Töne der Wellen aufzufangen. »Und bei Niedrigwasser gab es auch kaum ein Boot, das einfuhr oder zum Fischen raus aufs Meer wollte. Die Flut ließ sich Zeit. Eine frische Brise kam auf. Die herbstliche Sonne wärmte uns den Rücken. Irgendwann drehte ein früher Sportflieger seine Runden.«
Erstaunlich, wie präsent das Wasser selbst bei derart sanfter Brandung klingt. Umso entspannter kann man der auflaufenden Flut lauschen, die über zwei, drei Stunden aufgezeichnet wurde. »Später dann, als genug Wasser unterm Kiel zu erwarten war, kamen sie dann doch, die Fischerboote, Segel- und Motoryachten.« Davon ist im ersten Album von »Ar Mor« allerdings nichts zu hören.
Die Geo-Koordinaten des Ästuars: 47° 50′ 51.3″ N 3° 53′ 35.9″ W
Pors Péron
In die Klippen des Cap Sizun gebettet liegt der Strand von Pors Péron. Ein schmales Sträßchen führt hinunter ans Meer. Salz in der Luft, Algengeruch, Brandungsrauschen.
Gleich nebenan, eine Klippe weiter versteckt sich ein kleinerer Strand. Je nach Tide muss man sich über einen abenteuerlich steilen Pfad durch struppige Büsche hinab auf den Sand kämpfen. Von dort stammen die Klänge, die in den letzten zwanzig Minuten des ersten Albums zu hören sind.
Pors Péron. Foto: Doro Witte
Im September noch kann die Sonne zum Baden an den Strand einladen. »Ohne Zweifel. Auch als wir dort waren, glitzerte die Sonne auf den Wellen und ließ die Gischt blendend hell aufleuchten. Allerdings wehte ein böiger Wind vom Atlantik her, zauste die Haare und machte uns Sorgen: Wie oft schon hatten Windgeräusche die schönsten Aufnahmen ruiniert.«
War aber alles gut. Und so kann man jetzt ungestört dem Atlantik lauschen, wie er bei Pors Péron an den Strand rollt.
Die Geo-Koordinaten von Pors Péron: 48° 05′ 14.4″ N 4° 29′ 12.2″ W
Pointe de Luguénez
Ein Stück weiter östlich rahmen die hoch aufragenden Klippen der Pointe de Luguénez und der Pointe de Beuzec kleine Strände ein. Vom legendären Wanderweg »GR34« blickt man auf sie hinab. In den ersten zwanzig Minuten des zweiten Albums ist das Brandungstosen eines dieser Strände ganz nah zu hören.
Tief unter der Pointe de Luguénez. Foto: Doro Witte
Suchbild mit Tönefänger: »Ziemlich tief runter musste ich da steigen, um die Strandbrandung unter der Pointe de Luguénez aufzuzeichnen.«
Es ist ohnehin nicht einfach, Brandungsrauschen so aufzuzeichnen, dass es beim Abspielen an das erinnert, was man vor Ort erlebt hat. Fehlen doch all die anderen Sinneseindrücke. Der Wind auf der Haut, der Salz- und Jodgeschmack in der Luft, der Anblick der Wellen und das kühle Wasser, das die Beine umspült.
Die Geo-Koordinaten der Pointe de Luguénez: 48° 05′ 21.2″ N 4° 32′ 08.7″ W
Porz Meilh
Folgt man dem Küstenweg des »GR34« an der Nordküste des Cap Sizun von der Pointe du Millier nach Osten, so trifft man auch auf Porz Meilh. Einer der kleinen Bäche des Caps mündet dort. Die Brandung hat über die Zeiten ein Spiel von gewichtigen Kieseln rund geschliffen.
Wenn die Wellen heranwogen, sich aufwerfen und tosend brechen, mischt sich unter das Brausen auch ein sonores Kollern. Es rührt von großen Kieseln her, die der Brandungssog mit unglaublicher Kraft umherrollt. Zu hören ist das auf dem zweiten Album, etwa von Minute 23:30 bis 58:30.
Porz Meilh. Foto: Doro Witte
Sieht kleiner aus als es ist? »Stimmt. Das Mikrofon musste ich in eine Höhe von gut zwei Metern schrauben, um es vor der aufspritzenden Gischt zu schützen.«
Und was sind schon zwei Meter, wenn der Atlantik wuchtig mit den schweren Kieseln spielt. »Tja. – Während der Aufzeichnung hatten wir uns weiter hinten, auf einige der schön aufgewärmten Steine gesetzt. Aber die auflaufende Flut hielt mich auf Trapp. Alle zehn, zwölf Minuten musste ich das Mikrofon wieder versetzen. Kommt natürlich auf das Gelände an. Aber mehr als 15 Minuten an derselben Stelle geht kaum, wenn man nah dranbleiben und trotzdem nicht mit dem Equipment im Wasser landen will.«
Die Geo-Koordinaten von Porz Meilh: 48° 06′ 00.6″ N 4° 25′ 24.2″ W
Pointe du Souc’h
Zum Schluß des zweiten Albums von »Ar Mor« noch ein Ausflug an die Südküste des Cap Sizun. Unterhalb von Ménez Dregan, an der Pointe du Souc’h strecken sich zerklüftete, dunkle Felsen ins Meer.
Je nach Tidenstand kann man in schattige Miniatur-Canyons klettern und die Vielfalt des Lebens in der Gezeitenzone bewundern. Oder die Flut erobert sich das Terrain. In enge Spalten gepresst, schießen dann Wassersäulen hoch, klatschen auf die Felsen und ergießen sich schäumend in die unzähligen Klüfte.
In den Klippen der Pointe du Souc’h. Foto: Doro Witte
Wie die schäumende Brandung in den Felsen bei der Pointe du Souc’h klingt, das kann man von Minute 58:30 – 72:00 hören.
»Ich erinnere mich, wie schwierig es war, in den schroffen, scharfkantigen Formationen ständig neue passende Plätze für die Aufnahmen zu finden. Und kaum glaubte ich die Mikrofone in Sicherheit, da brach sich wieder eine dieser harmlos wirkenden Wellen und überzog alles mit Spritzern und Gischt.«
Die Geo-Koordinaten der Pointe du Souc’h: 47° 59′ 09.8″ N 4° 28′ 32.9″ W